Ein cooler Keller

Schnewlinstraße 7

Die Adresse Schnewlinstraße 7 ist auch über Freiburg hinaus gut bekannt. Wo früher Transportgut umgeladen und Eis gelagert wurde, befinden sich heute Clubs, die zu den Urgesteinen des Freiburger Nachtlebens zählen. Doch die Zukunft des Areals war schon früher umstritten und ist es heute wieder. Als begehrtes Grundstück der Bahnhofsmeile gab es immer wieder Pläne für Abriss und Neubau. Als Teil des Quartiers im Grün steht es auch für die Frage, welchen Platz die Subkultur in einer enger und teurer werdenden Stadt hat und wohin sich das umliegende Viertel insgesamt entwickelt.

Aktuelles Foto des Hauses Schnewlinstraße 7.
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Pferde, Schienen, Eis & Bier

Auch die Ostseite der Schnewlinstraße war einst an den Güterbahnhof angebunden. Ab 1890 stand dort ein Lagerhaus der Spedition Mengler. Dieses Gebäude war an der Südseite mit der Bahnlinie verbunden, von Norden her konnte es mit Pferdewagen angefahren werden. Damit war Mengler in der Lage, ankommende und abgehende Sendungen zwischen Schiene und Straße zu verladen. Ebenfalls 1890 baute die Spedition südlich seines Lagerhauses ein Wohnhaus für Lagerarbeiter und Fuhrmänner.

Mit dem Bau des Brühler Güterbahnhofes verlagerte auch die Spedition Mengler ihren Schwerpunkt in den Norden der Stadt, doch es verblieben Zweigstellen am Bahnhof Wiehre und am Hauptbahnhof. Dort wurde der Betrieb verkleinert und das Wohnhaus 1913 verkauft.

Neuer Eigentümer wurden die Kristalleiswerke Freiburg, die dort noch im selben Jahr eine Eisfabrik eröffneten. Möglich geworden war dies durch ein neues Ver fahren zur Kunsteisherstellung, das sich um 1900 zunächst im Brauereigewerbe durchsetzte. Es machte die Herstellung und Lagerung von Bier unabhängig von natürlicher Kühlung. Der Standort zwischen Riegeler Bierversand im Süden, Spedition Mengler und Grünhof im Norden und dem Expressversand der Bahn im Westen war ideal gewählt. In den kommenden Jahren expandierten die Kristalleiswerke und übernahmen das Mengler‘sche Nachbarhaus zur Eislagerung (1928) und errichteten in dessen hinterem Teil ein Kühlhaus.

Zerstörung und Wiederaufbau

Am 10. Februar 1945 wurde das Lagerhaus des Eiswerks bei einem Bombenangriff zerstört. Der Betrieb in den übrigen Gebäuden ging jedoch weiter und im Jahr 1956 wurde über dem Keller des ehemaligen Lagerhauses ein einstöckiger Behelfsbau errichtet. Während der unversehrte Keller erhalten blieb, war das Gebäude ein typischer Nachkriegsbau, der eilig aus dem Schutt zerstörter Gebäude errichtet worden war. Heute ist es eines der letzten Gebäude dieser Art in der Stadt.

Nachdem die Eiswerke ihr Grundstück 1961 an die Stadt Freiburg verkauft hatten, schlossen sie 1972 ganz. Es folgten Nutzungen durch eine Tankstelle, Gebrauchtwagenverkauf und einen Getränkemarkt.

Vom Cräsch zum Crash

Nachdem am 22. Januar 1985 das besetzte Autonome Zentrum im nahe gelegenen Glacisweg abgebrannt war, bot die Stadt einem Teil der Besetzer*innen Teile des ehemaligen Eiswerks in der Schnewlinstraße 7 als Ersatzobjekt an. Der Keller wurde mit 500.000 Mark und 1.400 freiwilligen Arbeitsstunden renoviert, um ein Kulturzentrum und einen Treffpunkt für Jugendliche einzurichten. Er galt zunächst als gruppierungsübergreifender Treff- und Veranstaltungsort und entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem Rock-Club. Diese Entwicklung war in der Szene nicht unumstritten.

Im März 1987 kam es nach einer Drogenrazzia zur Schließung mit anschließender Wiedereröffnung durch neue Betreiber. Schon zu dieser Zeit gab es Diskussionen um den Verkauf des Geländes und die Schließung des Crash. 1989 sollte es wegen hoher Sanierungskosten verkauft werden, doch die Bedeutung als Treffpunkt für Jugendliche verhinderte dies, da keine Ersatzräume gefunden werden konnten. Auch spätere Pläne, das Crash in einen Neubau zu integrieren, verliefen im Sande. Danach bekamen die um den Drifters Club erweiterten Räume schrittweise Pachtverlängerungen, aktuell bis Ende 2024.

Als im Jahr 2015 das Interesse der IHK an dem Areal öffentlich geworden war, gründete sich eine Initiative aus Nachbar*innen und Engagierten des umliegenden Viertels, um die Zukunft des Geländes selbst zu entwickeln. Die Initiative trägt den Namen Flurstück 277 in Anspielung auf die im Bebauungsplan eingetragene Grundstücksbezeichnung.