Die Handtrommelwaschmaschine – Ein Ding voller Arbeit
Die Handtrommelwaschmaschine (HTWM) verbildlicht unsere Vorgehensweise in den Sammlungen. Dort waren Dinge und Archivalien verschiedenen Kategorien zugeordnet, in die sie scheinbar eindeutig hineingehörten.
Wir entnahmen die Objekte aus diesen Kategorien und warfen sie, metaphorisch gesprochen, in die HTWM. Im Innern der Maschine wurden sie durchmischt, gedreht und gewendet. Durch unsere Bearbeitung haben sie andere Bedeutungen zum Vorschein gebracht.
Das (offene) Ergebnis dieser Prozedur zeigte, dass Arbeit unendlich viele Gesichter hat. Wie viele unterschiedlichen Geschichten und Perspektiven zu Arbeit sich in Dingen finden lassen, verdeutlicht ein Blick auf die HTWM.
Lesen Sie dazu die verschiedenen Objektgeschichten:
Geschichte 1: Technisierung
Im Jahr 1757 war die handbetriebene Waschmaschine eine technische Neuheit. Sie war ein Zeichen von Modernität und Fortschritt und erleichterte die Arbeit.
Heute ist die HTWM kein arbeitserleichterndes Gerät mehr. Im 20. Jahrhundert wurden die ersten elektrischen Waschmaschinen entwickelt. Ab den 1960er-Jahren hielten diese Einzug in die Mehrheit der Haushalte.
Dennoch wird die HTWM noch heute genutzt: Von Camper*innen, Klimaschützer*innen oder sogenannten Prepper*innen, die sich auf schlechtere Zeiten ohne Strom vorbereiten.
Geschichte 2: Geschlechterrollen
„Wer wäscht eigentlich und warum?“ Die Trennung in ‚männliche‘ und ‚weibliche‘ Arbeitsbereiche unterliegt Prozessen, die historisch gewachsen sind. Sie strukturieren die Arbeitswelt und das Privatleben. Gleichzeitig prägen sie Vorstellungen von geschlechtlichen Rollenbildern. So übernehmen Frauen oft immer noch den Großteil des Haushalts, obwohl viele mittlerweile ebenso berufstätig sind wie Männer.
Geschichte 3: Der Haushalt
Wäschewaschen ist ein Klassiker unter den Haushaltsaufgaben. Doch es ist eine meist nicht bezahlte Arbeit. Lohn und Wertschätzung für Arbeit richten sich nicht nach einem objektiven Maßstab, sondern sind von politischen und gesellschaftlichen Prozessen geprägt.
Der Haushalt changiert zwischen den Kategorien Arbeit und Nicht-Arbeit. Denn Hausarbeit ist institutionell nicht als Arbeit anerkannt. Gleichzeitig ist Hausarbeit eine unverzichtbare und anstrengende (körperliche) Arbeit, die Zeit, Wissen und Ressourcen beansprucht.
Geschichte 4: Handarbeit
Früher war Handarbeit kein reines Vergnügen, sondern notwendiger Bestandteil des häuslichen Arbeitsalltags.‚modern‘.
Besonders Camper*innen, Klimaschützer*innen oder sogenannte ‚Do-It-Yourself‘-Gruppen nutzen die HTWM. Sie empfinden den Betrieb ohne Strom als ökologisch, nachhaltig und damit fortschrittlich. Zudem ist die kompakte HTWM leicht zu transportieren, was mobilen Lebensstilen entgegenkommt.
Archiv der Alltagskultur, Tübingen; hergestellt 1997; gesammelt 1999.