„Welche ich liebe, die weise ich zurecht und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße!“ (Offenbarung 3: 19)

Ina Johannsen

 Gott liebt mich!

Strafvorstellungen in der christlichen Religion

„Gott liebt mich“ – dem sind sich alle Interviewpartner*innen sicher. Sie fühlen sich trotz ihrer menschlichen Fehlerhaftigkeit bedingungslos geliebt. Doch folgt aus der Fehlerhaftigkeit auch Fehlverhalten, was in ihren Augen zu „Konsequenzen“ führt. Können diese als Reaktionen Gottes interpretierten „Konsequenzen“ als Strafe verstanden werden? 

Dem Verständnis und der Legitimation der Strafe Gottes sowie dem vermeintlichen Paradox eines liebenden und strafenden Gottes nähere ich mich in dieser Forschung durch leitfadengestützte Interviews. Ich interviewte vier weibliche Christ*innen zu ihren Strafverständnissen und wie sie ihrem Gottesbild Sinn geben. Der zentrale Ausgangspunkt für die Interviewten ist die Bibel, die in dem Kontext von Strafe sowie in ihrem Alltagsleben eine besondere Relevanz innehat. Die in ihr beschriebene Vorstellung einer Ur- beziehungsweise Erbsünde bildet für die Interviewten die Grundlage, sich die heutige Welt zu erklären und zu plausibilisieren. Dies stellt außerdem für die Akteur*innen den Ausgangspunkt für das Handeln Gottes dar, doch spielen auch individuelle Erfahrungen bei ihnen eine wichtige Rolle. Gottes Anwesenheit und das Eingreifen in ihr Leben sehen sie als eine Stützen und Bereicherung an, die ihnen helfen, das „Richtige“ für sich, ihr Leben und für das Leben im Jenseits zu tun. Auch die „Konsequenzen“ sehen sie nicht als eine Strafe an, sondern als eine Hilfestellung. Gott will sie in ihr „bestmögliches Leben“ führen. Sie argumentieren demnach mit einem höheren Ziel, warum gestraft wird. Also Strafe aus Liebe?!

Johannsen, Ina: Gott liebt mich! Strafvorstellungen in der christlichen Religion. In: Sieferle, Barbara (Hg.): Strafen. Kulturanthropologische Perspektiven (= Freiburger Studien zur Kulturanthropologie, 5). Münster 2021, S.132-143.

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